Interview «Krafttraining bei Knieschmerzen ist oft kontraproduktiv!»

Die exakte Diagnose bei Knieschmerzen erfordert viel Erfahrung. Krafttraining an Gewichtsmaschinen kann das Gewebe zusätzlich schädigen! Dr. Felix Rapp erklärt, wieso eine Funktionsprüfung beim Facharzt so wichtig ist.

Das Kniegelenk ist das grösste und biomechanisch komplizierteste Gelenk des menschlichen Körpers.

Herr Dr. Rapp, welche Therapie ist bei Knieschmerzen sinnvoll?

Schmerzen im Bereich des Kniegelenkes können vielfältige Ursachen haben. Es ist entscheidend, eine präzise Diagnose zu stellen, um eine effiziente Therapievariante vorschlagen zu können. Die sinnvollste Therapie ist immer individuell auf den Patienten zugeschnitten. Eine «Einheitstherapie» gibt es nicht. Leider sehe ich oft Patienten in der Sprechstunde, die bereits wochenlang Krafttraining gemacht haben, ohne zu wissen, was die Schmerzursache ist.

 

Wie kann die Schmerzursache gefunden werden?

Das Kniegelenk ist das grösste und biomechanisch komplizierteste Gelenk des menschlichen Körpers. Die Komplexität des Bewegungsablaufes bietet etliche Möglichkeiten, Beschwerden zu verursachen. Es benötigt vor allem Erfahrung, Anatomiekenntnisse, und etwas Fingerspitzengefühl bei der Untersuchung. Der Spezialist kann dann differenzieren, welches Gewebe beschädigt ist.

 

Muss ein Gewebeschaden operiert werden?

Je nach Ausmass und Lokalisation des erkrankten oder verletzten Gewebes kommen unterschiedliche Therapieansätze zur Anwendung. Bei frühzeitiger Diagnosestellung reicht häufig eine kurze Schonung sowie entzündungshemmende und abschwellende Massnahmen. Medikamente können die Genesung zusätzlich unterstützen. Eine operative Versorgung ist nur bei speziellen Verletzungsmustern notwendig. Hinweise hierfür sind eine Bewegungseinschränkung, oft kombiniert mit Instabilität und stichartigen Schmerzen.

 

Sollte ein MRI durchgeführt werden?

Zur orthopädischen Untersuchung gehören in der Regel Röntgenaufnahmen, die das Gelenk in zwei Ebenen unter Belastung darstellen. Ein MRI ist nur bei komplexen Verletzungsmustern oder zur Bestätigung der Diagnose aus juristischen Gründen notwendig. Meiner Erfahrung nach stiftet der vom Radiologen verfasste MRI-Befund nicht selten Verwirrung, da sämtliche Begriffe zwar gegoogelt, aber im Zusammenhang von medizinischen Laien nicht verstanden werden können.

Schmerzen im Bereich des Kniegelenkes können vielfältige Ursachen haben.

Sie haben durch ihren Kreuzbandriss vor 30 Jahren einen persönlichen Bezug zu Knieverletzungen. Was kann man prophylaktisch tun?

Ich bin ein Freund dreidimensionaler Bewegung. Als ehemaliger Skirennfahrer und Kunstturner weiss ich, dass ein korrekter Bewegungsablauf entscheidend ist für langlebige Gelenke. Ein physiologisches Zusammenspiel der Muskulatur vermindert Scherkräfte während der Belastung, was den Knorpelbelag schont. Deshalb sind meiner Ansicht nach Balanceübungen in verschiedenen Variationen sinnvoller als das weit verbreitete Krafttraining an Maschinen mit geführten Gewichten. Meine Patienten erhalten von mir eine ausführliche Instruktion für Koordinationsübungen. Bei den Nachkontrollen sehe ich sofort, welche Patienten gewissenhaft geübt haben und welche nicht.

 

Wieso ist Gewichte stemmen schädlich?

Bei Gesunden ist das Training an Kraftmaschinen nicht unbedingt schädlich, solange man nicht übertreibt und die Gewichte langsam steigert! Liegt jedoch ein Schaden am Meniskus oder ein bereits reduzierter Knorpelbelag vor, führen Bewegungen des Gelenkes unter zusätzlicher Belastung zu einem schnelleren Fortschreiten des Gewebeschadens, was nicht reversibel ist. Die gut gemeinte «Kräftigung» des Kniegelenkes bewirkt dann genau das Gegenteil. Ebenfalls kann eine Bandinstabilität fast nie durch Muskeltraining ausreichend kompensiert werden. Sämtliche Studien belegen, dass es bei instabilem Kniegelenk durch Scherkräfte nach wenigen Jahren zu Knorpelschäden kommt.

 

Sie haben bereits über 1‘000 Kniegelenke operiert – wann ist der beste Zeitpunkt für eine OP?

In der Orthopädie und Traumatologie des Bewegungsapparates geht es ganz selten um lebensbedrohliche Situationen. Der optimale Zeitpunkt einer operativen Versorgung kann fast immer individuell bestimmt werden. Eine frühzeitige Abklärung ist in jedem Fall sinnvoll, da bei Rissen von Menisken oder Bändern eine Rekonstruktion des Gewebes von der Durchblutungssituation abhängig ist, die in der Regel ab der zweiten Woche nach dem Trauma rückläufig ist und dann die Erfolgschancen einer vollständigen Abheilung mindert.

In der Endoclinic verfügen wir über das gesamte Spektrum der modernen Medizin, sodass immer die optimale Behandlungsmethode zur Anwendung kommt.

Erstellt: 28.04.2024 07:00 Uhr

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