Morbus Fabry Alle hatten es, niemand wusste es
Schon die Urgrossmutter, die Grossmutter, beide Grosstanten und der Grossonkel hatten es. Aber auch die Mutter, die zwei Onkel, die Halbschwester und sie selbst. Wie ein roter Faden zieht sich Morbus Fabry durch Annas Familie. Ganz still und stumm. Niemand wusste, woher das Leiden kam. Selbst über mehrere Generationen war kein Arzt auf die richtige Spur gekommen, obwohl die Symptome genau zu dieser Krankheit passten. «Ein Test bei Onkel Bobby wenige Tage vor seinem Tod bescherte die richtige Diagnose», sagt Anna. «Ein Leben lang hatten ihn starke Bauchschmerzen gequält. Ein Leben lang hatte er ein Brennen an Händen und Füssen gefühlt. Ganz zum Schluss versagten Herz und Nieren.»
Test bringt Klarheit
Eigentlich war alles so typisch, doch Onkel Bobby wurde von der Ärzteschaft nicht ernst genommen, stattdessen zu Psychologen geschickt: Alles nur eingebildet, psychosomatisch, ohne erkennbare Ursache, hiess es. Was für ein Drama! Mit 40 lag er auf dem Sterbebett. Ihm konnte man nicht mehr helfen, aber dank der Diagnose endlich dem ganzen Rest der Familie. Anna erinnert sich: «Alle Familienmitglieder wurden nach Bobbys Tod schlagartig zum Fabry-Test gebeten. Zuerst meine Mutter, die ebenfalls seit Jahren unter starken Bauchschmerzen litt. Schon lange nahm sie keine normalen Mahlzeiten mehr zu sich, ass nur kleine Portionen über den Tag verteilt. Mit der Zeit wusste sie, welche Nahrungsmittel weniger Schmerzen auslösen. Daneben litt sie unter dem Brennen an Hand- und Fussflächen bei Belastung und Sport. Schon ihre Mutter hatte es, und bei mir kam es später auch. Doch weil wir es nicht anders kannten, erschien es uns völlig normal.»
Typische Symtome
Als Onkel Bobby starb, war Anna sechs Jahre alt. Damals hatte sie noch keine Symptome, und man dachte, dass sie vielleicht verschont bliebe. Doch irgendwann fing dieses elende Brennen auch bei ihr an. Besonders stark im Schulsport beim Orientierungslauf und an den Sporttagen, wenn grosse Leistung gefragt war. «Am Anfang machte ich überall brav mit, obwohl sich meine Füsse extrem heiss anfühlten. Ich zog dann einfach die Schuhe aus, und nach zwanzig Minuten ging es wieder. Mit der Zeit brannten meine Füsse schon bei kleineren Anstrengungen, auch auf dem Heimweg von der Schule. Und bei Fieber – dann tat die oberste Hautschicht an den Händen besonders weh, zehn Mal mehr als beim Sport. Am liebsten hielt ich die Hände sofort unters kalte Wasser oder nahm zum Lindern ein Coldpack.»
Noch schlimmer als das Brennen ist für Anna das Bauchweh. «Es fing mit 13 oder 14 an. Obwohl ich längst von Morbus Fabry wusste, dachten wir an Laktoseintoleranz. Zwei bis drei Tage pro Woche waren richtig mühsam. Ich musste zwar nicht im Bett liegen, aber die Schmerzen verdarben mir den ganzen Tag. Es fühlte sich an, als ob auf dem Bauch schwere Steine liegen. Man hat Hunger und möchte essen, doch man weiss, dass es dann schlimmer wird. Ohne zu essen wird es aber auch schlimmer, weil dann das Hungerbauchweh kommt. So stellt sich mir jedes Mal die Frage: essen oder nicht essen. Trinken ist kein Problem.»
Wirksame Enzymersatztherapie
Wenigstens war Anna seit dem Tod ihres Onkels sehr gut von den Fachärztinnen und Fachärzten im Zürcher Kinderspital betreut. Zu früh wollte man mit der Therapie nicht beginnen, aber früh genug, um irreparable Schäden zu vermeiden. «Meine Organe wurden jedes Jahr gecheckt, und obwohl es im Urin keine verdächtigen Eiweisse hatte, waren meine Nieren bereits geschädigt. Eine Biopsie brachte den überraschenden Befund. So starteten wir mit der Enzymersatztherapie.»
Bereits wenige Monate später stabilisierte sich Annas Lage. Die Organe waren entlastet, die Häufigkeit der Bauchschmerzen liess nach. «Das hilft mir sehr. Ich bin mega-froh, dass ich die Therapie beginnen konnte. Ich möchte nicht wissen, wie es mir ohne gehen würde. Morbus Fabry macht nämlich noch andere Symptome, mit denen ich zu kämpfen habe. Depressive Verstimmungen und chronische Müdigkeit. Ich brauche meine ganze Energie, um den normalen Alltag zu bewältigen. Reserven habe ich kaum. Unter der Woche falle ich oft schon um neun oder zehn Uhr abends ins Bett. Wenn die Kolleginnen am Wochenende in den Ausgang gehen, halte ich nicht lange durch oder bleibe gleich zu Hause. Ich brauche viel Ruhe, um zu regenerieren.»
Das ist Morbus Fabry
Morbus Fabry ist eine vererbbare, seltene Stoffwechselerkrankung, die durch ungenügende oder fehlende Aktivität eines Enzyms hervorgerufen wird. Als Folge davon häufen Fabry-Betroffene in den Zellen eine Fettsubstanz an, deren Ablagerungen zu extremen Schmerzen, schwerwiegenden Nierenschädigungen und Hirnschlag führen können. Die Diagnose ist auf Grund der Seltenheit und der grossen Vielfalt der Symptome sehr schwierig. Es ist darum wichtig, an die Möglichkeit von Morbus Fabry zu denken, denn die Betroffenen haben ohne Therapie eine geringe Lebenserwartung und eine signifikant verminderte Lebensqualität. Ein einfacher Test bringt Klarheit.
Der Verein Fabrysuisse hilft, Kranke zu erreichen und zu informieren. Er ist durch die gemeinsame Initiative von Patientinnen, Patienten und der Ärzteschaft entstanden und auf Spenden angewiesen.
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Erstellt: 08.03.2025 07:00 Uhr
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