PD Dr. Gregor Leibundgut im Interview «So verbessert sich die Lebensqualität signifikant»

Hohe Lipidwerte, Diabetes und familiäre Belastung können zu einem chronischen Koronarverschluss (CTO) führen. Wie dieser am Universitären Herzzentrum Basel behandelt wird, berichtet PD Dr. Gregor Leibundgut.

Herr Dr. Leibundgut, als CTO, das für Chronic total occlusion steht, wird ein mindestens drei Monate zurückliegender kompletter Verschluss einer Herzkranzader bezeichnet. Was passiert dabei im Herzen?

 CTOs kommen bei rund 20 Prozent aller Patientinnen und Patienten im Herzkatheterlabor vor. Ein kompletter Gefässverschluss kann gelegentlich als klinisch stummes Ereignis ohne Herzinfarkt ablaufen. Denn die vorausgehende kontinuierliche Zunahme einer Stenose führt nicht selten zur Ausbildung von Kollateralen, also kleiner Blutgefässe, welche die Arbeit eines Hauptgefässes übernehmen. Dadurch kann der Herzmuskel im Versorgungsgebiet einer CTO überleben.

 

Wie wirkt sich eine CTO auf das Allgemeinbefinden aus?

Unter körperlicher Belastung ist diese Versorgung durch die Kollateralen häufig ungenügend, was zu einer Minderdurchblutung und Brustschmerzen, einer sogenannten Angina pectoris, führen kann. Personen, die bereits eine CTO haben und einen Herzinfarkt erleiden, sind deutlich gefährdeter daran zu versterben.

 

Welche Therapien kommen infrage?

Primär wird medikamentös versucht, den Sauerstoffbedarf des Herzmuskels zu senken. Ist der Effekt ungenügend, ist die Wiedereröffnung des Gefässes das Mittel der Wahl. Wissenschaftliche Studien haben damit eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität zeigen können.

 

Worauf haben Sie sich therapeutisch am Unispital Basel spezialisiert?

Ich bin hier für das CHIP-Programm verantwortlich. Mit CHIP bezeichnen wir komplexe Koronarinterventionen inklusive Eingriffe mit Kreislaufunterstützung, die Wiedereröffnung chronisch verschlossener Gefässe und die interventionelle Behandlung von Mehrgefässerkrankungen. Dazu gehören auch Behandlungen von Abzweigungen und schwer verkalkten Gefässen. Die Betroffenen weisen heute – vor allem angesichts der höheren Lebenserwartung – deutlich schwerer verkalkte Gefässe und komplexere Anatomien auf, was die moderne interventionelle Kardiologie mit diesen Eingriffen adressiert.

 

Wie läuft eine CTO-Intervention ab?

Bei diesem Eingriff versuchen wir das Gefäss häufig mittels zweier Katheter, welche über die Speichenarterie an beiden Handrücken eingeführt werden, von der Gegenseite über die Kollateralen zu eröffnen. So kann mit speziellen Techniken und Werkzeugen in einer mehr oder weniger langen Prozedur der Verschluss passiert und mit einem Ballon aufgedehnt werden. Anschliessend folgt die Stentimplantation zur Sicherung des nun offenen Gefässes.

 

Wie erfolgversprechend ist so ein Eingriff?

Der prozedurale Erfolg ist stark vom Operateur abhängig. International erreichen die grössten Zentren eine Erfolgsrate von über 90 Prozent. In meiner eigenen Tätigkeit lag diese in den vergangenen Jahren bei 92 Prozent. Acht Prozent der Patientinnen und Patienten benötigten einen zweiten Eingriff. Die Komplikationsrate liegt je nach Risiko bei 0,2 bis 8 Prozent.

 

Wie geht es dann weiter? Braucht es eine regelmässige Diagnostik?

Nach erfolgreicher Wiedereröffnung eines chronischen Koronarverschlusses sind generell keine speziellen Kontrollen notwendig. Gelegentlich wird nach drei bis sechs Monaten eine Kontrollkoronarangiografie durchgeführt, um das initiale Ergebnis zu optimieren. Es ist zentral, dass bei diesen Personen die Risikofaktoren für Atherosklerose und insbesondere das LDL-Cholesterin konsequent auf sehr tiefe Werte gesenkt wird – der Grund, weshalb stetige Kontrollen bei einem niedergelassenen Kardiologen zu empfehlen sind.

Erstellt: 02.07.2023 07:00 Uhr

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