Lipödem Wenn die Fettverteilung gestört ist

Rund eine Million Frauen weltweit haben ein Lipödem. Viele Betroffenen leiden permanent unter Schmerzen und deren Folgen, obwohl gegen die krankhaften Fetteinlagerungen etwas getan werden kann.

Wenn die Fettverteilung gestört ist
Diagnose Lipödem

Susanna L. hat vieles versucht, um ihre übermässig kräftigen Beine in den Griff zu bekommen: Sport im Fitnesscenter, unzählige Diäten und teure Cremes gegen die Dellen in der Haut. Doch nichts half. Der Frust war gross, der Leidensdruck wuchs: Zuletzt wurde die 35-Jährige immer unbeweglicher, ihre Beine fühlten sich oft schwer an und schmerzten. Inzwischen musste sie Hosen in der Konfektionsgrösse 46 tragen, drei Grössen mehr als obenherum. Der Blick in den Spiegel und die abwertenden Blicke anderer Menschen wirkten sich auch auf ihre psychische Konstitution aus. Dann stellte eine Ärztin schliesslich die Diagnose «Lipödem». Dahinter verbirgt sich eine chronische und meist voranschreitende Erkrankung, die durch eine Fettverteilungsstörung gekennzeichnet ist – vorwiegend an den Beinen, aber auch an den Armen. Ebenso typisch sind, neben den Schmerzen, blaue Flecken nach Druckausübung.

Eingeschränkter Lymphfluss

Bei Betroffenen vermehren sich Fettgewebezellen im Unterhautfettgewebe und behindern damit den Lymphfluss in den Gliedmassen. Verstärkt wird das Problem durch Wassereinlagerungen, die bei Wärme, langem Sitzen oder Stehen sogar noch zunehmen. Zumeist entwickelt sich ein Lipödem, das auf Grund der charakteristischen Ausbreitung auch als Elefantenbeine oder Reiterhosen bezeichnet wird, mit dem Ende der Pubertät oder nach einer Schwangerschaft – wie auch bei Susanna L., die kurz nach der Geburt ihres ersten Kindes mit 29 Jahren die ersten Symptome feststellte. Aber auch das späte Auftreten im Klimakterium ist typisch, sodass man heute davon ausgeht, dass neben genetischen, vor allem hormonelle Faktoren einen entscheidenden Einfluss auf die Ausbildung eines Lipödems haben. Die genauen Ursachen sind jedoch nicht vollständig geklärt.

Wenn die Fettverteilung gestört ist
Schmerzhafte Beine

Frühzeitige Diagnose entscheidend

Wichtig ist es, dass die Erkrankung frühzeitig festgestellt wird, um ihren Verlauf günstig zu beeinflussen. Doch vielen Hausärzten fehlt das Fachwissen. Sie erkennen ein Lipödem, das erst seit dem Jahr 2017 als eigenständige Erkrankung im ICD-10, der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation WHO, gelistet ist, im Anfangsstadium oft nicht und verwechseln es zum Beispiel mit einer Adipositas (Fettleibigkeit). Diese geht allerdings mit einer symmetrischen proportionalen Fettgewebsvermehrung am gesamten Körper einher. Das Gute: In der Öffentlichkeit wird das Lipödem seit einigen Jahren bekannter, da sich Betroffene für mehr Sichtbarkeit in der Gesellschaft einsetzen, etwa indem sie Selbsthilfegruppen gründen. Tipp: Die Vereinigung Lipödem Schweiz stellt auf ihrer Website eine Übersicht über Selbsthilfegruppen in der Schweiz zur Verfügung (www.lipoedem-schweiz.ch). Dort sind auch auf Lipödem spezialisierte Fachleute zu finden.

Therapie abhängig von Schweregrad

Im Anfangsstadium können Kompressionsverbände helfen, den Abtransport der überschüssigen Flüssigkeit im Gewebe zu verbessern. Bildet sich das Lipödem, wie bei Susanna L., nicht mehr von allein zurück, wird die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE) – bestehend aus manueller Lymphdrainage, Kompressionsstrümpfen und Krankengymnastik – eingesetzt. Die konservative symptomatische Behandlung sollte lebenslang durchgeführt werden. Damit lässt sich eine Verminderung der im Gewebe abgelagerten Flüssigkeit und damit der ödembedingten Schmerzen erreichen. Da die KPE keinen Einfluss auf das Fettgewebe selbst hat, kann im Einzelfall zusätzlich zur Fettabsaugung geraten werden. Nach der Liposuktion speichert das betroffene Bindegewebe weniger Wasser, sodass der Gewebedruck abnimmt. Lymphflüssigkeit kann wieder besser abtransportiert werden. Dies hat auch Auswirkungen auf die Blutgefässe, die nicht mehr so druck- und schmerzempfindlich sind. Zudem lässt sich die Form der Hüften und Beine verbessern, was zu mehr Lebensqualität beiträgt.

Wenn die Fettverteilung gestört ist
Lymphdrainage

Faktor Kosten

Bei der konservativen Therapie werden von den Krankenkassen die Kosten meist getragen, wobei es Begrenzungen bei der Zahl der manuellen Lymphdrainagen und der pro Jahr verschriebenen Kompressionsteile gibt. Bei der operativen Therapie stellen die Kassen sich in der Regel quer. Der Grund: Die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Methode seien nicht hinreichend belegt. Susanna L. musste einen Kredit für ihre OP aufnehmen. Sie hofft, dass das Engagement der Vereinigung Lipödem Schweiz bezüglich einer Anerkennung der verkannten Erkrankung und Kostenübernahme bald Früchte trägt – und eine helfende Behandlung am Ende nicht an den Kosten scheitert.

Erstellt: 16.08.2022 07:00 Uhr

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